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Gaming mit Behinderung - So spiele ich mit Seheinschränkung!

15.04.2022 • Interviews • Netzwerk • von Saskia Moes

In diesem Interview berichtet der Gamer Dennis von seinen Erfahrungen beim Spielen und welche Anforderungen er persönlich an Barrierefreiheit in digitalen Spielen hat. So möchten die Teams vom Spieleratgeber-NRW und Gaming ohne Grenzen Sichtbarkeit für verschiedene Behinderungen schaffen und einen Beitrag zur Förderung von Barrierefreiheit in Games leisten. 

Dieses Interview ist ebenfalls auf dem Spieleratgeber-NRW erschienen!

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Der Spieleratgeber-NRW ist die pädagogische Informationsplattform zu Computer-, Konsolenspielen und Apps. Kinder und Jugendliche werden in redaktionelle Prozesse aktiv mit eingebunden. Ihre Meinung ist der Grundstein der Spiele-Beurteilungen. Als Ergänzung zu den gesetzlichen Kennzeichen der USK bieten wir zu den Spielen eine pädagogische Alterseinschätzung sowie objektive Informationen zu Inhalt, Präsentation, Kosten, Anforderungen, Umfang, Wirkung und Bindungsfaktoren.

Weiterhin versteht sich der Spieleratgeber-NRW als pädagogischer Reflektor der Gaming-Kultur. Er berichtet über Veranstaltungen und beleuchtet aktuelle Trends, Studien und die pädagogische Praxis. Außerdem bietet er wertvolle Anregungen zur zeitgemäßen Medienerziehung und Didaktik.

Die Anforderungen an Barrierefreiheit digitaler Spiele sind so vielfältig wie die Menschen, die diese nutzen wollen. Behinderungen fallen sehr unterschiedlich aus und so stoßen Spieler*innen auf sehr verschiedene Barrieren. Dann heißt es oftmals kreativ werden: Einige nutzen Technologien oder entwickeln andere hilfreiche Strategien. Doch nicht alle Hürden lassen sich selbständig überwinden. So wird der Wunsch der Community immer deutlicher, Menschen mit Behinderung in den neuesten Spiele-Entwicklungen mitzudenken, mit einzubeziehen und Gaming langfristig für alle zu ermöglichen.

Hallo Dennis! Wir freuen uns sehr, dass du dir die Zeit für ein Interview nimmst und uns von deinen Erfahrungen berichtest. Wir stehen schon etwas länger in Kontakt, daher weiß ich, dass du Gamer bist. Magst du uns von der Bedeutung digitaler Spiele für dich erzählen? Was sind deine Lieblingsspiele oder dein Lieblingsgenre?

Hallo Saskia! Es ist mir eine Freude, dass ich hier dabei sein darf. Videospiele sind Teil meines Lebens, soweit ich mich zurückerinnern kann. Sie haben mir in vielen Lagen meines Lebens einen guten Anker geboten. Zum einen konnte ich, wenn es mir schlecht ging, mich in phantastische Welten ziehen lassen, aber auch Zeit mit meinen besten Freunden verbringen, auch wenn sie nicht bei mir waren. Es ist für mich nun mal ein Hobby so wie für andere eben Fußballspielen oder Bücher lesen.
Ich finde die Frage nach einem Favoriten immer sehr schwer, es gibt einfach so viele und vor allem so eine Vielfalt. Deshalb sage ich da immer ganz gerne "Das kommt immer darauf an, worauf ich grade Lust habe". Wenn ich nun aber ein Genre bestimmen müsste, dann sind es wohl Plattformer und Roguelikes, denn die habe ich wohl am häufigsten in den letzten Jahren gespielt.

Counter-Strike (Valve)

Ich kann das total nachvollziehen! Ich nutze Spiele gerne um abzuschalten und da mag ich manchmal ein entspanntes Setting, wenn mein Alltag gerade stressig ist. Manchmal mag ich es aber auch actionreich und da sind direkt ganz andere Spiele im Fokus. Wir möchten in dieser Interview-Reihe gerne auf verschiedene Spielerfahrungen eingehen und welche Anforderungen es an Barrierefreiheit geben sollte. Daher die Frage, ob du uns von deiner Behinderung erzählen möchtest und wie sich das darauf auswirkt, welche Spiele für dich überhaupt barrierefrei sind? 

Klar, das kann ich gerne machen! Ich habe eine Vielzahl von Erkrankungen, darunter zählt auch, dass ich in meinem Sehen stark beeinträchtigt bin. Ich habe ein sehr kleines Sichtfeld in dem ich noch scharf sehen kann, Kontraste sowie Farben sind auch ein schwieriges Thema für mich. Ich habe leider feststellen müssen, dass viele Genres für mich dadurch komplett wegfallen. So habe ich früher auch ganz gerne mal eine Runde Counter-Strike gespielt, aber das mit dem Zielen ist, wie du dir vermutlich denken kannst, so eine Sache geworden. Generell spiele ich nichts kompetitives mehr, weil mir da einfach der Spaß daran fehlt, durch diese Barriere. Aber Spielen mit Menschen ist ja eh schöner als gegen sie, nicht wahr? Was für Spiele natürlich ganz gut gehen sind die, in denen keine Hektik herrscht. Da kann ich mir die Zeit lassen die ich brauche, um etwas zu erkennen. Leider wird dann oft, selbst in solchen Spielen, durch kleine Dinge die Erfahrung verschlechtert. Da wäre noch ein bisschen mehr Barrierefreiheit wünschenswert. Aber auch andere Spiele würden von nur kleinen Veränderungen profitieren. Man müsste nur mal daran denken und offen dafür sein.

Ich finde deine letzte Aussage fasst das alles wirklich super zusammen! Oft helfen schon kleine Veränderungen oder Einstellungen, um die Zugänglichkeit für viele Menschen zu verbessern. Da sind wir auch gleich beim Thema Barrierefreiheit. Was würdest du dir denn von Entwickler*innen wünschen, damit wieder mehr Spiele für dich zugänglich sind? 

Ich glaube das steht und fällt sehr viel mit den Einstellungsmöglichkeiten des Spiels. Je mehr ich das Spiel an meine Bedürfnisse anpassen kann, umso leichter kann ich sie auch genießen. Das sind zum Beispiel Farben von Anzeigen oder Checkpoints die oft einfach schlecht gewählt sind für Menschen wie mich. Ich nehme da als Beispiel immer gerne The Crew 2 bei dem dann blaue Checkpoints auf dem Wasser und gelbliche in der Wüste sind. Wie soll man das bitte gut erkennen? Auch immer wieder ein großes Problem sind die Dialogboxen oder Einblendungen. Es wäre besser, wenn ich einfach selbst entscheiden könnte, wie lange ich diese sehen kann. Ich meine, ich habe schon so oft Dinge selbst herausfinden müssen, einfach nur weil die Erklärung mir immer viel zu kurz gezeigt wurde und das obwohl nicht einmal Zeitdruck herrschte. Du willst nicht wissen, wie viele Spiele ich frustriert in die virtuelle Ecke gepfeffert habe, weil ich sie dann doch nicht spielen konnte.

The Crew 2 (Ivory Tower)

Das tut mir leid zu hören! Ein Spiel abbrechen, weil zu viele Barrieren im Weg stehen und die jeweiligen Einstellungsmöglichkeiten fehlen, sollte einfach nicht sein - Games sind für alle da! Wenn du dich direkt an die Spieleentwickler*innen wenden könntest: Was würdest du ihnen mitgeben, damit genau das nicht mehr passiert? Was würdest du dir von den Entwickler*innen wünschen?

Mehr Freiheiten denke ich. Es ist ja sicher nicht die Absicht des Studios mich oder andere auszugrenzen. Es fehlt nur eben oft der Blick oder das Einfühlungsvermögen sich in so eine Situation rein zu versetzen. Wenn man mich fragt, ist das aber okay, solange der Wille dafür da ist, es zu ändern. Es ist schwer zu verstehen, wie es ist diese Barrieren im Leben zu haben und man kann das auch nicht mal eben nachstellen oder erklären. Aber man kann mir die Möglichkeit geben, das Spielerlebnis genau an meine Bedürfnisse anzupassen. Sodass ich eben nicht denke, dass das Spiel zu spielen ein Kampf ist, sondern wieder Spaß macht. Irgendwie kannst du doch für jede Barriere die passende Treppe oder Rampe bauen.

Und genau dafür möchten wir uns auch mit Gaming ohne Grenzen einsetzen. Es ist einfach wichtig Sichtbarkeit für das Thema zu schaffen, damit Entwickler*innen die Barrierefreiheit von Anfang an mitdenken. Denn oftmals helfen schon kleine Veränderungen, um Barrieren zu vermeiden. Vielen Dank, dass du uns Einblicke gegeben hast, wie du spielst und dass du deine Erfahrungen mit uns geteilt hast!

Dem kann ich nur zustimmen. Vielen Dank, dass ich dabei sein durfte und ich freue mich auf weitere gemeinsame Projekte. Bis bald!

Über den/die Autor*in

Saskia Moes
Projektleitung bei Gaming ohne Grenzen

"Digitale Spiele faszinieren mich schon mein Leben lang. Ich finde es toll, mich frei in fiktiven Welten bewegen zu können und gemeinsam Spaß zu haben. Mir liegt es sehr am Herzen, dass allen Menschen ermöglicht wird, sich in digitalen Spielen auszuleben. Am liebsten spiele ich verschiedene Online-Multiplayer, gemeinsam mit meinen Freund*innen.”

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