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Gaming mit Behinderung - So spielt Lukas mit einer Körperbehinderung!

24.05.2024 • Interviews • Netzwerk • von Saskia Moes

In diesem Interview berichtet Gamer Lukas von seinen Erfahrungen beim Spielen und welche Anforderungen er persönlich an Barrierefreiheit in digitalen Spielen hat. So möchten die Teams vom Spieleratgeber-NRW und Gaming ohne Grenzen Sichtbarkeit für verschiedene Behinderungen schaffen und einen Beitrag zur Förderung von Barrierefreiheit in Games leisten.

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Die Anforderungen an Barrierefreiheit digitaler Spiele sind so vielfältig wie die Menschen, die diese nutzen wollen. Behinderungen fallen sehr unterschiedlich aus und so stoßen Spieler*innen auf sehr verschiedene Barrieren. Dann heißt es oftmals kreativ werden: Einige nutzen Technologien oder entwickeln andere hilfreiche Strategien. Doch nicht alle Hürden lassen sich selbständig überwinden. So wird der Wunsch der Community immer deutlicher, Menschen mit Behinderung in den neuesten Spiele-Entwicklungen mitzudenken, mit einzubeziehen und Gaming langfristig für alle zu ermöglichen.

Hi Lukas! Danke, dass du dir Zeit nimmst, um mit uns über deine Erfahrungen beim Gaming zu sprechen. Könntest du dich zu Beginn einmal vorstellen und auch erzählen, welche Bedeutung Gaming in deinem Leben hat?

Hi Saskia, sehr gerne! Ich heiße Lukas, bin 31 Jahre alt, komme aus NRW, und bin in der IT-Beratung tätig.
Das Thema Gaming begleitet mich schon seit Kindheitstagen. Meine erste Gaming-Erinnerung ist Giana Sisters, das ich Mitte der Neunziger mit meinem Cousin auf dem Atari gespielt habe. Kurze Zeit später schenkten mir meine Eltern einen Game Boy, mein 160*144 Pixel-großes Fenster in eine Welt voller Abenteuer und Freiheit, wie ich sie im Alltag aufgrund meiner körperlichen Behinderung oft nicht erleben konnte. Den prägendsten Eindruck hat damals definitiv Pokémon hinterlassen.
Über die Jahre war der Stellenwert von Gaming für mich mal höher, mal geringer. Auch wenn sich diese ursprüngliche Magie für mich heutzutage leider immer seltener zeigt, sei es aufgrund meines Alters oder der fast schon zu realistischen Grafik, ist es immer eine Art Safe Space für mich geblieben. Das merke ich vor allem dann, wenn ich PC und PS5 mal links liegenlasse und mich stattdessen auf der Switch in Mario oder Zelda stürze.

Das erste Spiel von Lukas war The Great Giana Sisters

Dich begleitet Gaming wirklich schon sehr lange! Wie sieht es bei dir denn heute aus? PC, PlayStation5 und auch die Nintendo Switch spielen bei dir ja eine Rolle - in welchen Spielen verbringst du am liebsten deine Zeit? Hast du ein liebstes Genre oder Lieblingsspiel? Und was gefällt dir am meisten daran?

Ich lege mich da nicht wirklich auf ein Genre fest. Das kommt ganz auf die Situation an. Sofern ich längere Zeit am Stück spielen kann, verliere ich mich immer wieder gerne in offenen Welten wie The Legend of Zelda: Breath of the Wild und Tears of the Kingdom, oder zuletzt Hogwarts Legacy.
Für zwischendurch ist es dann eher ein Rätselspiel wie Baba Is You oder ein Run in einem Roguelike à la Hades. Letzteres ist auch das Spiel, mit dem ich in den letzten Jahren die meiste Zeit verbracht habe. Die Kombination aus Setting, Voice Acting und abwechslungsreichen Builds holt mich nach wie vor regelmäßig zurück in den Tartaros, und ich bin schon gespannt auf den kommenden zweiten Teil.
Und wenn ich gemeinsam mit Freunden spiele, dann reicht die Spanne von kooperativen Games wie A Way Out oder It Takes Two bis hin zu "Persönlichkeitstests" wie Mario Kart.

Lukas liebt offene Welten, wie in The Legend of Zelda: Breath of the Wild

Du sagtest eben, dass du eine körperliche Behinderung hast. Inwiefern beeinflusst dich deine Behinderung beim Spielen? Auf welche Barrieren stößt du beim Gaming und haben diese Barrieren auch Einfluss auf deine Spielauswahl?

Da meine motorische Einschränkung unter anderem meine Hände betrifft, halte ich Controller mit der linken Hand etwas anders, um den linken Stick besser nutzen zu können.
Im Gegenzug ist es dadurch für mich aber schwierig, die linken Schultertasten zu nutzen, sodass ich dafür häufig umgreifen oder die Tasten remappen muss. Mit dem linken Stick sind meine Bewegungen auch eher grob, und präzise Eingaben oder schnelle Richtungswechsel schwierig. Außerdem brauche ich für die linke Hand eine Art "Widerstand", also z.B. einen Controller, den ich mit beiden Händen halten kann. Lose Joycons oder VR-Controller kann ich daher mit der linken Hand kaum nutzen.
Aus diesen Gründen spiele ich kompetitive Multiplayer-Spiele, bei denen es besonders auf Reaktion ankommt, z.B. Shooter oder Fighting-Games, eher selten. Im Singleplayer probiere ich aber alle Spiele zumindest mal aus, die mich inhaltlich interessieren. Es kommt manchmal vor, dass mir Passagen mit Button-Mashing oder feinen Stick-Bewegungen Probleme bereiten. Gerade beim Button-Mashing habe ich aber in vielen Spielen die Option gefunden, dass man stattdessen die Taste gedrückt halten kann. Beim Thema präzise Stick-Steuerung drücke ich oft auf Pause, sodass ich mich auf die nächste Eingabe vorbereiten kann. Mit den meisten Spielen komme ich auf irgendeine Weise einigermaßen zurecht, auch wenn ich teilweise viele Anläufe brauche, sodass ich mich in der Spielauswahl selten wirklich eingeschränkt fühle.

Hier spielt Lukas mit einem PS5-Controller

Du hast schon angerissen, was dir beim Spielen hilft. Gibt es noch weitere Individualisierungsmöglichkeiten, die du gerne nutzt oder gibt es Einstellungsmöglichkeiten, die du gerne nutzen würdest, aber nur selten oder noch gar nicht in Spielen zu finden sind?

Auf PC und PS5 ist das Button-Remapping zum Glück meist relativ problemlos möglich. Auf der Switch fehlen die Optionen hierfür erfahrungsgemäß recht häufig, sodass dort schon ein gewisser Frust aufkommt. Wirklich ideal wäre für mich eine Tastenbelegung, die ohne die linken Schultertasten auskommt, aber da die Controller-Layouts in vielen Spielen heutzutage ja ohnehin schon überfrachtet sind (Stichwort Mehrfachbelegung), kann man es sich gefühlt kaum erlauben auf Tasten zu verzichten.
Es gibt ja immerhin diverse "Pro Controller" mit zusätzlichen Tasten in den Griffen oder auf der Rückseite, auf die ich die Schultertasten umlegen könnte, aber da müsste ich mir mal einen zum Testen besorgen, denn bisher habe ich mich damit nur in der Theorie beschäftigt.
Ansonsten nutze ich - sofern vorhanden - auch gerne die Optionen für Farbfehlsichtigkeit und Fotosensitivität. Beides ist für mich zwar kein Must Have, aber macht das Spielen weniger anstrengend für mich. Hier muss ich spontan an Red Dead Redemption 2 denken, wo ich zu Beginn dachte, es gäbe keine Wegmarkierung auf der Minimap, weil ich Rot auf Braun/Grau überhaupt nicht erkennen konnte. Das knallige Pink nach der Umstellung war vielleicht nicht besonders immersiv, aber es hat das Spiel deutlich angenehmer gemacht. Im Übrigen muss ich auch in diesem Punkt feststellen, dass Nintendo hier meist hinter der Konkurrenz zurückbleibt und seltener besagte Optionen bietet.

Der Modus für Farbfehlsichtigkeit in Red Dead Redemption 2

Ja, die Erfahrung mit Nintendo haben wir in unseren Jugendgruppen leider auch gemacht. Zum Abschluss würde ich gerne mit dir in eine Wunsch-Zukunft blicken. Wenn du dir von der Gaming-Community oder von Games-Enwickler*innen etwas für die Zukunft wünschen könntest, was wäre das? 

Zunächst einmal definitiv mehr Accessibility Options. Davon kann es meiner Meinung nach nie zu viele geben, denn den Menschen, die sie nicht nutzen müssen oder wollen, nimmt man ja dadurch nichts weg, sondern schafft strikt einen Mehrwert für Betroffene. Immerhin konnte ich in den letzten Jahren schon immer mehr positive Beispiele dafür finden, wie z.B. The Last of Us 2. Dadurch habe ich wieder mal gemerkt, wie divers Behinderungen in Bezug auf Gaming sein können, und dass Entwicklerfirmen das Thema auch auf sehr kompetente Weise angehen können. Daran dürfen sich andere Developer gerne ein Beispiel nehmen.
Außerdem wünsche ich mir in Games mehr Sichtbarkeit für das Thema Behinderungen, vor allem bezogen auf die Normalisierung im Alltag. Ich denke da z.B. an Hailey in den neuen Spider-Man-Teilen: eine Behinderung muss nicht zwanghaft einem Plot Point dienlich sein, sondern ist halt einfach „da“, genau wie in der Realität auch. Aber auch mehr Games mit Behinderungen als Hauptthema fände ich interessant, um das Thema der Allgemeinheit näher zu bringen.

Vielen lieben Dank Lukas, für deine Zeit und dass du deine Erfahrungen mit uns geteilt hast!

Über den/die Autor*in

Saskia Moes
Projektleitung bei Gaming ohne Grenzen

"Digitale Spiele faszinieren mich schon mein Leben lang. Ich finde es toll, mich frei in fiktiven Welten bewegen zu können und gemeinsam Spaß zu haben. Mir liegt es sehr am Herzen, dass allen Menschen ermöglicht wird, sich in digitalen Spielen auszuleben. Am liebsten spiele ich verschiedene Online-Multiplayer, gemeinsam mit meinen Freund*innen.”

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